Vorhofflimmern erhöht deutlich das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Dies gilt insbesondere für Personen ab dem 65. Lebensjahr und für Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck (Hypertonie). Daher sollten vor allem diese Personen auch regelmäßig ihren Blutdruck und Puls messen. Doch auch andere Senioren mit Grunderkrankungen wie Diabetes oder einer koronaren Herzerkrankung (KHK) und Vorhofflimmern profitieren von gezielten Maßnahmen zum Schutz vor einem Schlaganfall.
Was macht Vorhofflimmern so gefährlich?
Schätzungsweise 1,5 bis 2 Million Menschen in Deutschland haben Vorhofflimmern. Die genaue Zahl ist unklar, weil die Symptome oft unspezifisch sind und daher diese Rhythmusstörung gar nicht erfasst wird.
Beim Vorhofflimmern fibrillieren nur die Vorhöfe – das heißt, sie zucken unregelmäßig, rasch und unkoordiniert. Vorhofflimmern wird durch elektrische Fehlreize ausgelöst. Ihr Ursprung liegt meist in den Lungenvenen, die in den linken Vorhof münden. In der Regel stellt das Vorhofflimmern keine akute Gefahr dar. Wird es jedoch nicht behandelt, kann es mit der Zeit zu schwerwiegenden Folgen und einem hohen Leidensdruck bei den Betroffenen kommen. Neben Beschwerden wie Luftnot, Belastungseinschränkung, Angina pectoris, Herzstolpern und Herzrasen besteht ein deutliches Risiko für einen Schlaganfall. Dieses Risiko nimmt mit dem Lebensalter zu sowie mit zusätzlichen Erkrankungen (z.B. Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Herzschwäche, Diabetes) oder bei Übergewicht.
In Deutschland ist Vorhofflimmern jährlich bei mindestens 20 Prozent aller Schlaganfälle die Ursache – das heißt: Etwa jedes 5! dieser meist dramatischen Ereignisse geht auf das Konto dieser Herzrhythmusstörung.
Unterschied Vorhofflimmern und Kammerflimmern
Vorhofflimmern ist – so ähnlich der Name auch klingt – unbedingt vom Kammerflimmern zu unterscheiden. Beim Kammerflimmern schlägt das Herz völlig chaotisch mit mehr als 350 Schlägen pro Minute, weil die großen Herzkammern flimmern (fibrillieren). Die Folge ist sofortiges Versagen der gesamten Herzleistung. Das Herz hört auf zu pumpen, der Blutdruck sinkt auf „Null“, Betroffene brechen bewusstlos zusammen und sterben, wenn sie nicht sofort wiederbelebt werden.
Wie kommt es zum Schlaganfall durch Vorhofflimmern?
Durch die elektrischen Fehlreize ziehen sich die Vorhöfe nicht mehr geordnet zusammen, sondern flimmern. Dadurch sinkt auch der Blutfluss in den Vorhöfen und das Blut gerinnt leichter. Es kann ein Thrombus (Blutpfropf) entstehen, der in den Blutkreislauf gespült wird und so auch in die Gehirngefäße gelangt.
Da die Blutgefäße immer kleiner werden, je größer die Entfernung zum Herzen ist, bleibt der Thrombus irgendwann im Gefäß stecken und verstopft es (Embolie). Es kommt es zu einer abrupten Unterbrechung des Blutflusses – im Gehirn etwa unterbleibt die lebenswichtige Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen. Man spricht dann von einem ischämischen Schlaganfall.
Wird der Blutfluss nicht schnellstmöglich wieder hergestellt, sterben Gehirnzellen ab, Gehirnfunktionen fallen aus. Die typischen Folgen: Lähmungserscheinungen, Sprach- oder Sehstörungen. Bei zügiger Behandlung können sich diese Symptome manchmal wieder zurückbilden. In anderen Fällen bleiben sie dauerhaft bestehen. Ein schwerer Schlaganfall kann tödlich sein.
Infokasten: Embolien
Embolien nennt man Verschlüsse eines Gefäßes durch eingeschwemmtes Material eines Gerinnsels (Thrombus). Davon zu unterscheiden ist eine Thrombose. Hier führt der Thrombus am Ort seines Entstehens zum Gefäßverschluss. Embolien können im gesamten Blutgefäß-System entstehen. Abhängig davon, wo es zum akuten Gefäßverschluss kommt, können verschiedene Organe betroffen sein. Man muss arterielle und venöse Embolien voneinander unterscheiden:
- Eine arterielle Embolie hat ihren Ausgangspunkt meist im linken Vorhof des Herzens. Von dort gelangt der Thrombus direkt in die Hirnarterien – es kommt zu einem Schlaganfall.
- Bei einer venösen Embolie entsteht das Blutgerinnsel in einer Körpervene – am häufigsten sind die Bein- oder Beckenvenen betroffen. Das Blut transportiert den Thrombus dann bis in die Lunge, was eine Lungenembolie zur Folge hat.
Risiken kennen – Schlaganfall vorbeugen
Embolien, die durch Vorhofflimmern verursacht wurden, verlaufen häufig besonders schwer und gehen mit einer höheren Sterblichkeit einher. Der FAST-Test nach dem englischen Wort „fast“ für „schnell“ lässt rasch erkennen, ob ein Mensch einen Schlaganfall erlitten hat. Je schneller die Therapie einsetzt, desto weniger bleibende Schäden sind zu befürchten. Menschen mit Vorhofflimmern, die bereits einen Schlaganfall hatten, sind zudem besonders gefährdet, einen weiteren Schlaganfall zu erleiden. Daher spielt die Vorbeugung hier eine besonders große Rolle.
Um das individuelle Risiko für einen Schlaganfall zu bestimmen, nutzen Ärztinnen und Ärzte den CHA2DS2-VA-Score. Hinter dem komplizierten Begriff verbirgt sich eine Zählskala mit einer Reihe von Schlaganfallrisiken wie Diabetes, fortgeschrittenes Alter und Bluthochdruck, deren Vorkommen mit Punkten beurteilt wird. Je mehr Punkte, desto höher das Risiko – und desto dringlicher ist die vorbeugende Gabe von Medikamenten, die die Gerinnbarkeit des Blutes herabsetzen.
Schlaganfallschutz durch gerinnungshemmende Medikamente
In der Fachsprache wird diese Form der Vorbeugung Antikoagulation genannt – umgangssprachlich ist von Blutverdünnern die Rede. Zum Einsatz kommen gerinnungshemmende Medikamente aus der Gruppe der Vitamin-K-Antagonisten (Coumarine, z.B. Phenprocouon) sowie aus der Gruppe der sogenannten DOAK (direkte orale Antikoagulanzien, z.B. Apixaban, Dabigatran).
Nahezu alle Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern sollten danach zur Vorbeugung eines Schlaganfalls gerinnungshemmenden Medikamenten einnehmen, betont Prof. Dr. med. Thomas Meinertz, Kardiologe und Pharmakologe sowie Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Herzstiftung.
Eigeninitiative gefragt! Das können Sie selbst tun
Neben der Gabe von Medikamenten können Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern auch selbst einiges tun, um einem Schlaganfall vorzubeugen – vor allem durch eine ausgewogene Ernährung und ein gesundes Maß an Bewegung. Rauchen, übermäßigen Alkoholkonsum, Schlafmangel und Stress sollten Betroffene hingegen vermeiden.
„Diese Form der Selbstfürsorge spielt bei der Schlaganfall-Prävention eine große Rolle“, sagt Meinertz. Tückisch ist allerdings, dass nicht alle Betroffenen wissen, dass sie an Vorhofflimmern leiden. Denn manchmal tritt diese Herzrhythmusstörung auch ohne größere Symptome auf. Einige Menschen nehmen Beschwerden wie gelegentliches Herzstolpern oder Herzrasen auch zunächst nicht ernst. Die Herzstiftung empfiehlt allen Männern und Frauen ab dem 65. Lebensjahr sowie Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck eine regelmäßige Pulsmessung. „Die Pulsmessung kann jeder erlernen und durchführen“, betont Meinertz.
Hier erklärt der Herzspezialist, wie es funktioniert:
- Setzen Sie sich zunächst fünf Minuten ruhig hin.
- Ertasten Sie nun mit Zeige- und Mittelfinger an der Innenseite des Handgelenks unterhalb des Daumens den Puls.
- Zählen Sie 30 Sekunden lang die Schläge und verdoppeln Sie das Ergebnis.
- Ergibt Ihre Messung in Ruhe mehr als 100 Schläge pro Minute, sollten Sie den Herzrhythmus abklären lassen.
Regelmäßiges Blutdruckmessen ist sinnvoll
Darüber hinaus ist es empfehlenswert, sich ein Blutdruckmessgerät mit Arrhythmieerkennung für den Hausgebrauch anzuschaffen. Diese Geräte zeigen zusätzlich zu den Blutdruckwerten die Herzfrequenz an. In der Regel erscheint ein Warnsignal, wenn der Puls unregelmäßig ist. Durch regelmäßiges Messen lässt sich so ein unregelmäßiger Herzschlag erkennen. Der Hamburger Kardiologe rät: „Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck oder ab einem Alter von 65 Jahren sollten ein bis zweimal pro Tag den Blutdruck messen oder ihren Puls fühlen.“
Wichtig ist allerdings zu wissen, dass Unregelmäßigkeiten nicht sofort auf Vorhofflimmern schließen lassen. Professor Thomas Meinertz: „Um eine Diagnose zu stellen, sollte ein Internist oder Kardiologe den Herzrhythmus durch ein EKG überprüfen.“
Experte
- 60323 Frankfurt am Main
- info@herzstiftung.de
- www.kardiologie-meinertz-jaeckle.de/
Prof. Dr. med. Thomas Meinertz ist Kardiologe und Pharmakologe in Hamburg. Zu den Schwerpunkten des ehemaligen Vorsitzenden der Herzstiftung und langjährigen Direktors der Klinik und Poliklinik für Kardiologie und Angiologie des Universitären Herzzentrums Hamburg zählen insbesondere Herzrhythmusstörungen, die koronare Herzkrankheit und Herzklappen-Erkrankungen. Neben mehreren hundert wissenschaftlichen Fachpublikationen, die Prof. Meinertz für nationale und internationale Fachzeitschriften verfasst hat, ist der renommierte Kardiologe Chefredakteur der Herzstiftungs-Zeitschrift "HERZ heute" und Autor mehrerer Publikationen im Online-Bereich der Herzstiftung.
Unser Informationsmaterial
-
Zurück in den Takt: Vorhofflimmern (2022)
PDF: 6,22 MB -
Pulsmesskarte
-
Gerinnungshemmer (2022)
PDF: 1,17 MB
Hallo ich spende regelmässig einen Beitrag MFG Ilse Mark
Sehr gut erklärt.Ich bin mitEdoxaban 60mg gut eingestellt